In der zur Stille und Meditation einladenden Atmosphäre der Klosterkirche Bebenhausen wurden 2011 in der achten Bebenhäuser Bibellesenacht Träume und Visionen der Bibel ergründet.
Es gibt wohl niemand, der beim Thema „Träume“ nicht aus eigener Erfahrung mitreden könnte. In der Tat können Träume eine hervorragende Hilfe sein, uns selbst kennen zu lernen und weiterzuentwickeln. Nichts und niemand führt uns unser eigenes Verhalten, unsere Wünsche und Gefühle so bildhaft vor Augen wie Träume. Deshalb sind Träume auch ein wichtiges Thema der modernen Psychoanalyse, allen voran bei ihrem Begründer Sigmund Freud.
Die Traumgeschichten der Bibel erinnern jedoch daran, dass es mehr gibt als unseren inneren psychischen Kosmos. In den Träumen, von denen die Bibel berichtet, ist es Gott, der durch Träume zu den Menschen spricht und ihrem Leben eine neue Richtung gibt. Die biblischen Träume können lebensrettend sein - so wie bei Josef, den ein Traum vor dem Kindermord von Bethlehem warnt, so dass er den kleinen Jesus rechtzeitig nach Ägypten in Sicherheit bringen kann. Einem Traum haben wir in Europa es zu verdanken, dass Paulus das Christentum nach Griechenland brachte. Träume können unerfüllt bleiben oder in Erfüllung gehen - wie etwa der Traum der Israeliten, die sich im Exil in Babylon nach der Rückkehr in die Heimat sehnten.
Daneben weiß die Bibel allerdings auch von quälenden Alpträumen und verlogenen Traumdeutern zu berichten. Und schließlich erzählen die Träume und Visionen der Bibel davon, dass die Wirklichkeit, in der wir Menschen uns bewegen, plötzlich durchlässig wird für eine andere: die Wirklichkeit Gottes. Da werden Schwerter zu Pflugscharen, Tote stehen auf und das Kälbchen wächst gemeinsam mit dem jungen Löwen heran.
Durch Träume greift Gott ein in die Pläne der Menschen und ruft sie, einen anderen Weg einzuschlagen. Der Traum wird zum Ort der Begegnung zwischen Gott und Mensch. Wer die Traumgeschichten der Bibel gehört hat, wird hinterher mit anderen Augen träumen. Vielleicht sogar wacher.
Bildmotiv:
Jakobs Traum von der Himmelsleiter – Epitaph in der Klosterkirche Bebenhausen
Text: Hannelore Jahr