Die Elemente des Gottesdienstes –Das Abendmahl
Von Anfang an war die Feier des Abendmahls zentraler Bestandteil eines jeden Gottesdienstes in der frühen Kirche. Es geht zurück auf das letzte Mahl Jesu mit seinen Freunden, wie es in den Evangelien berichtet wird. Eigentlich als Passahmahl gefeiert, erfuhr es durch Jesus eine neue Deutung.
Dass, wie Martin Luther es formuliert, Gott selbst im Abendmahl handelt und Jesus „in, mit und unter“ Brot und Wein wirklich gegenwärtig ist, ist für mich bis heute eine unaufgebbare und beglückende Erkenntnis. Hier begegnet uns
der auferstandene Herr als der, der vergibt, wenn wir ihn darum bitten und uns dadurch stärkt. Er begegnet uns als der, der uns Gemeinschaft schenkt mit ihm und miteinander als Schwestern und Brüder.
Lange Zeit fristete das Abendmahl in der Evangelischen Kirche allerdings ein Schattendasein, es wurde nur an wenigen hohen Festtagen wie Weihnachten und Karfreitag gefeiert. Meist stand der Aspekt der persönlichen Schuld und der Buße ganz im Vordergrund. Demzufolge war die Stimmung sehr ernst und mitunter bedrückend. Noch dazu hat man es oft an den Gottesdienst angehängt, so dass es mehr und mehr als eine Feier für besonders Eingeweihte erschien.
In den letzten Jahrzehnten hat man die anderen Gesichtspunkte des Abendmahls wie Stärkung und Gemeinschaft wieder neu entdeckt. Und war bis vor wenigen Jahren die erste Abendmahlsfeier mit der Konfirmation verbunden, so ist es inzwischen auch in unserer Landeskirche möglich, schon mit Kindern Abendmahl zu feiern.
Zunächst gab es Widerstände zu überwinden: Muss man nicht ein gewisses Alter haben, um die Bedeutung des Abendmahls zu verstehen? Ist die Würde gewahrt, wenn schon kleine Kinder zum Abendmahl kommen? Solche und andere Fragen standen im Raum. Zunächst teilte ich sie. Aber dann ließ ich mich von den Kindern selbst überzeugen. Denn die Erfahrung hat gezeigt: Kinder, die altersgemäß vorbereitet werden, gehen mit großer Konzentration und
mit großem Ernst zum Abendmahl. Sie spüren: da ist etwas Besonderes. Und wer als Kind diese Feier positiv erlebt, wird sie auch später als substantiell für seinen Glauben erfahren können. Denn in der Tat: wo erleben wir, dass Menschen verschiedenen Alters, unterschiedlicher Herkunft und sozialer Schicht, unterschiedlicher Bildung und religiöser Prägung, unterschiedlicher Nationalität und Hautfarbe gemeinsam an einen Tisch eingeladen sind?
Das Abendmahl zeigt uns auf ganz wunderbare Weise, dass Christenmenschen ohne Ansehen der Person zusammengehören. Warum? Weil Jesus selbst uns an seinen Tisch einlädt. Er hatte ja einst auch eine ganz gemischte Runde von Menschen an seinem Tisch versammelt, als er mit seinen Jüngern das Passahmahl feierte, aus dem durch seine neue Deutung unser Abendmahl wurde. Da saß Petrus, der Fels, der, als es darauf ankam, schwach wurde und Jesus verleugnete; da saß sogar Judas, der Verräter, der Jesus für 30 Silberlinge an seine Häscher auslieferte. Jesus hat ihn nicht weggeschickt. Er wollte ihn an seinem Tisch haben, weil er auch für ihn seinen Weg ging; weil er fehlbare und schuldige Menschen seine Freunde nannte. Das ist so großartig, dass jeder nur still und mit offenen Augen, Ohren und Händen der Einladung Jesu folgen kann. Jesus lädt uns ein, ohne Ansehen der Person, ohne dass wir eine Eintrittskarte vorweisen müssen, ohne abzurechnen und aufzurechnen. Jesus erwartet uns wie liebende Eltern ihre Kinder mit offenen Armen erwarten, auch dann, wenn sie Fehler gemacht haben. Das verstehen schon Kinder und das tut Erwachsenen gleichermaßen gut.
Und wenn wir uns im Abendmahlsgottesdienst Gottes Frieden zusprechen oder uns zum Abschluss am Altar die Hände reichen, dann möchte ich das nicht mehr missen, weil es die Gemeinschaft von so unterschiedlichen Menschen einer Gottesdienstgemeinde auf wunderbare Weise zum Ausdruck bringt. Abendmahl ist ein Fest der Hoffnung, der Stärkung, der Gemeinschaft, der Vergebung und deshalb nicht zuletzt auch der Freude. Deshalb feiern wir monatlich Abendmahl im Gottesdienst. Lassen Sie sich zu diesem Fest immer wieder einladen! Es lohnt sich!
Manfred Harm