Philipp Melanchthon
Reformator, Vermittler, Humanist Zum 450. Todestag des ehemaligen Tübinger Studenten
Am 19. April jährt sich zum 450. Mal der Todestag Philipp Melanchthons. Zusammen mit Martin Luther prägte er die Reformation in Deutschland.
1530 beruft Kaiser Karl V. einen Reichstag ein. Nach Jahren außenpolitischer Konflikte hat er nun wieder Zeit, sich der Religionsfrage zu widmen. Die Protestanten sollen ihre Positionen schriftlich darlegen. Karls Worte klingen versöhnlich, man wolle doch „die Zwietracht hinlegen, vergangene Irrsal unserem Seligmacher ergeben und eines jeglichen Meinung in Liebe und Gütigkeit hören, verstehen und erwägen, und also alle in einer Gemeinschaft, Kirche und Einigkeit leben“. Doch Luther kann als Geächteter nicht zum Reichstag nach Augsburg reisen, da er dazu das sichere kursächsische Hoheitsgebiet verlassen müsste.
So tritt sein Weggefährte Philipp Melanchthon aus seinem Schatten und an seiner Stelle für die Sache der Protestanten ein. Er verfasst auch das Positionspapier mit den 28 kurz und klar formulierten Artikeln – das Augsburger Bekenntnis. Er hofft, mit versöhnlichen Tönen die Einheit der Kirche retten zu können, betont die Gemeinsamkeiten zwischen Lutheranern und Katholiken. „Ich kann so sanft und leise nicht treten“ wird dieses Bemühen von Luther kommentiert.
Doch die Hoffnung auf eine Kircheneinigung erfüllt sich nicht. Die Spaltung Deutschlands in zwei konfessionelle Lager, in Altgläubige und Protestanten, wird in Augsburg besiegelt. Der Kaiser erneuert die energische Durchsetzung des Wormser Edikts, das heißt die Reichsacht gegen Luther. Von nun an stehen die Zeichen auf Krieg, wenn auch außenpolitische Probleme diesen zunächst nicht ausbrechen lassen. In den Folgejahren kommt es sogar noch zu mehreren Religionsgesprächen, zum Teil im Beisein des Kaisers. Philipp Melanchthon ist der Mann der Stunde, er ist ein Gegner von Feindschaft und Streit und immer zum Dialog bereit.
Doch wer war dieser Philipp Schwarzerdt, der seinen Nachnamen ins Griechische übersetzte und sich Melanchthon nannte?
Geboren wurde er 1497 im damals kurpfälzischen, heute badischen Bretten bei Pforzheim. Er war das, was man heute hochbegabt nennen würde. Nach nur zweijährigem Studium wollte er 1512 in Heidelberg zum Magister promovieren. Niemand zweifelte, dass er bestehen würde. Doch keiner traut dem schmächtigen Fünfzehnjährigen die nötige Autorität zu, Vorlesungen zu halten. Er geht nach Tübingen und promoviert dort zwei Jahre später zum Magister der freien Künste. Mit 21 Jahren erhält er 1518 einen Ruf nach Wittenberg als Professor für Griechisch. Er schließt sich Luther und dessen Bewegung an. Allerdings weigert er sich, in die theologische Fakultät zu wechseln, obwohl er 1519 auch für diese eine Lehrbefugnis erhält.
Melanchthon und Luther sind gemeinsame Streiter für die Reformation. Die Bibelübersetzungen sind ihr gemeinsames Werk. Während Luther die deutschen Formulierungen prägt, redigiert Melanchthon als philologischer und historischer Fachmann die Rohfassungen.
Melanchthon ist nicht nur Gelehrter für alte Sprachen, sondern ein Universalgelehrter, der sich in den unterschiedlichsten Gebieten auskennt. Er erhält lukrative Angebote aus Frankreich und England und der Kurfürst von Sachsen lässt es sich einiges kosten, ihn in Wittenberg zu halten. Von dort aus leitet Melanchthon den Aufbau eines höheren evangelischen Bildungswesens in ganz Deutschland, verfasst eine Vielzahl von Universitäts- und Schulordnungen, Unterrichtsbüchern und Grammatiken und erhält den Ehrennamen „Praeceptor Germaniae“ (Lehrer Deutschlands). Unter seiner Führung steigt Wittenberg zur größten deutschen Universität mit 3000 Studenten auf. Nach dem Tod Luthers 1546 ist er der Kopf der Reformation.
Das Augsburger Interim von 1548 zwingt den Protestanten, abgesehen von der Erlaubnis des Laienkelchs und der Priesterehe, eine Rekatholisierung auf. 1555 kam es dann zum Augsburger Religionsfrieden. Dieser sicherte die Wittenberger Reformation endgültig nach dem Prinzip „cuius regio, eius religio“, das heißt, die Konfession des Landesherren bestimmt die Konfession des Landes. Der gesprächsbereite Gelehrte hatte über den machtbewussten Kaiser gesiegt.
Melanchthon jedoch, der stets zum Dialog bereite Humanist, ist am Ende seines Lebens des Theologenzanks endgültig überdrüssig. Als er im April 1560 stirbt, soll er noch über die Streitsucht, „die Tollwut der Theologen“, geklagt haben.
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