Gott schaut uns mit leuchtendem Angesicht an Die Elemente des Gottesdienstes –der Segen

Seit der Schöpfung segnet Gott Tiere und Menschen, indem er ihnen seine lebens­wirkende Kraft zuspricht. Im alten Israel wird dem­entsprechend von Genera­tion zu Generation Segen weitergegeben. Gesegnet sein, das bedeutet, dass sich mir jemand zuwendet, mir Gutes zukommen lässt. Im Segen wendet sich Gott uns Menschen zu und dabei wird sein Angesicht verhüllt erkennbar. Was Gottes Angesicht erkennen lässt, beschreibt der Segen, den Aaron im Auftrag Got­tes auf das Volk Israel legen soll: „Gott, der Herr, segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht leuch­ten über dir und sei dir gnä­dig. Er erhebe sein Ange­sicht auf dich und gebe Dir Frieden (= Schalom).“ Diese Worte hat Martin Luther als Schlusssegen im Gottesdienst empfoh­len. So hören wir am Ende jedes Gottesdienstes: Gott schaut uns mit leuchten­dem Angesicht an, wendet sich uns freundlich zu und ist mit uns.

Der Segen am Ende des Gottesdienstes ist gegenüber den anderen Elemen­ten des Gottesdienstes etwas ganz Eigenes. Geseg­net zu sein, ein von Gott gesegneter, also mit leucht­endem Angesicht angesehener Mensch zu sein, das bedeutet mir viel.

Aber worin äußert sich diese Zuwendung konkret? Martin Luther hat zwischen leiblichem Segen und geistlichem Segen unterschieden. Leiblicher Segen, das sind alle Güter, die Menschen haben. Für Luther gehörte wirklich alles dazu, was es in dieser Welt gibt. In seiner Auslegung der Bitte um das „tägliche Brot“ hat er das beispielhaft aufgeführt. Der geistli­che Segen ist für Luther das Heil, das Gott in Jesus Christus schenkt. In ihm wird die Zuwendung Got­tes zu uns Menschen in besonderer Weise erkennbar, eben dass Gott segnet und nicht verflucht.

Von Gott gesegnet zu sein, das ist der Inhalt des christlichen Glaubens und dieser Glaube selber ist ein Segen. Wer zum Beispiel im Zusammenhang mit allem, was ihm zu eigen ist, von Segen spricht, gibt zu erkennen, dass er dies aus Gottes Hand empfängt. Als Geschenk Gottes anzunehmen, was wir für unser Leben haben, macht nicht nur dankbar gegen­über Gott, es bestimmt auch das Verhältnis zum Besitz: wer sein Hab und Gut als Segen ansieht, ist frei, es zu gebrauchen. Wer es dagegen nicht für einen Segen hält, wird leicht von ihm besessen, zumindest davon, es sich zu sichern. Für den geistlichen Segen gilt das in gleicher Weise. Leiblicher und geistlicher Segen beschreiben unter­schiedliche Aspekte des Segens, insgesamt geht es darum, was Menschen sich als „gelingendes Leben“ ersehnen. Segen intendiert umfassendes Wohlergehen, Schalom. Das ersehnt der segnende Mensch von Gott für den anderen und mit ihm. Und wo ein Mensch gesegnet wird, da ist das Segenswort wirkmächtig, auch wenn das im Leben eines Menschen manchmal nicht so aussieht. Wie zum Beispiel bei Abraham und Sarah. Gott hatte ihnen zugesagt: „Ich will dich mit zahlreichen Nachkommen segnen ... und du sollst ein Segen sein.“ Und dann blieb die Nachkommen­schaft lange aus. Gott aber war mit ihnen auf dem Weg und sie wurden für andere zum Segen.

Segen zielt nicht auf das gute Leben einer Person, sondern auf die Person selbst. Er prägt das Selbst­verständnis und schafft damit eine neue Identität: ich bin ein gesegneter Mensch, also einer, dessen Selbstverständnis in der Beziehung gründet, die Gott zu mir hat und die in seinem leuchtenden Angesicht zum Ausdruck kommt. Und so angesehen zu werden, das macht Mut. Mit diesem Segen gehe ich gestärkt aus dem Gottesdienst in den Alltag des Lebens.

Dorothee Schad

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