Albert Schweitzer (1875 - 1965)

Albert Schweitzer war vieles: Arzt, evangelischer Theologe, Musiker, Philosoph und Pazifist. Er präg­te die Lehre von der Ehrfurcht vor dem Leben und wurde 1953 mit dem Friedensnobelpreis ausge­zeichnet. Am 4. September vor 50 Jahren ist Albert Schweitzer in Lambarene in Gabun gestorben.

Geboren wurde er als Sohn des Pfarrverwesers Lud­wig Schweitzer und dessen Frau Adele am 14. Ja­nuar 1875 in Kaysersberg im Oberelsaß. Noch im Jahr seiner Geburt zog die Familie nach Günsbach. Nach dem Abi­tur 1893 studierte er in Straßburg Theologie und Philosophie. Zudem studierte er in Paris Orgel und Kla­vier. Ab 1899 war Schweitzer Vikar an der Nikolaikirche in Straßburg und promovierte in Philosophie und Theologie. 1902 erfolgte an der Uni­versität Straßburg die Habilitation in Evangelischer Theologie, er wurde dort Dozent für Theologie. Von 1905 bis 1913 studierte Albert Schweitzer Medizin in Straßburg mit dem Ziel, in Französisch-Äquatorialafrika als Missionsarzt tätig zu werden. 1913 wurde er Doktor der Medizin und Professor für Theologie. Somit war er, im Alter von 38 Jahren und bevor er nach Afrika ging, in drei verschie­denen Fächern promoviert, hatte sich habilitiert und war Professor. Albert Schweitzer hei­ratete 1912 Helene Bresslau (1879 – 1957). 1919 wurde die Tochter Rhena († 2009) geboren.

1913 setzte Schweitzer sein Vorhaben, Missionsarzt zu werden, um und gründete am Ogooué, einem 1200 Kilometer langen Fluss in Gabun, das Urwaldhospi­tal Lambarene. Als deutscher Staatsbürger wurde er 1917 nach Frankreich gebracht und dort interniert. In dieser Zeit entwickelte Schweitzer seine Ethik „Ehrfurcht vor dem Leben“ mit dem zentralen Satz: „Der Mensch ist Leben, das leben will, inmitten von Leben, das Leben will.“ Das erfordert die Solidarität mit allen Lebewesen. Albert Schweitzer ist deshalb auch Vegetarier geworden. Gegen Kriegsende kam Albert Schweitzer 1918 ins Elsaß zurück und nahm die französische Staatsbürgerschaft an. Er arbeitete wieder als Vikar in St. Nikolai in Straßburg und trat als Assistenzarzt in ein Straßburger Spital ein. Durch Vorträge und Orgelkonzerte konnte Schweitzer sei­ne Rückkehr nach Lambarene und den dortigen Auf­bau finanzieren. Bereits 1932 warnte Schweitzer vor dem aufkommenden Nationalsozialismus.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihm viel öffent­liche Ehre zuteil. In seiner Dankesrede zur Verleihung des Friedensnobelpreises sprach sich Schweit­zer für eine generelle Verwerfung von Krieg aus: „Krieg macht uns der Unmenschlichkeit schuldig.“ Schweitzer war der Meinung, dass die sich immer weiter steigernde Rüstungsspirale auch die Kriegs­gefahr steigere, wobei angesichts der atomaren Mas­senvernichtungswaffen auch der Sieger vom Sieg nichts habe. Schweitzer trat deshalb auch gegen allen Zweifel für die einseitige Abrüstung ein.

Schweitzers Bedeutung liegt aus heutiger Sicht vor allem in seinem Eintreten für das Leben, das er in seiner „Ehrfurcht vor dem Leben“ formuliert, in seiner Tätigkeit als Arzt praktiziert und in seinem Ein­treten für den Pazifismus gefordert hat. Daneben ist er aber auch als Theologe bedeutsam, besonders in der Frage nach dem historischen Jesus. Er erkannte, dass eine histo­rische Rekonstruktion des Lebens Jesu unmöglich sei. Alle Versuche, ein Leben Jesu zu schreiben, seien von den „Vorurteilen“ des jeweiligen Autors geprägt, von dessen eigenen Vorlieben und Wünschen. Vor allem hat er deutlich gemacht, wie fremd die Gestalt Jesu in der Gegenwart wirkt, provozierend geradezu. Jesus war völlig anders, als eine bürger­liche Theologie ihn sehen wollte. Für Schweitzer ging es Jesus um die konsequente Herbeiführung des Reiches Gottes.

Darüber hinaus war Albert Schweitzer ein bekann­ter Organist, Musikwissenschaftler, Theoretiker des Orgelbaus und einer der für das 20. Jahrhundert stilbildenden Interpreten der Musik Johann Sebas­tian Bachs, über den er auch eine große Monografie schrieb.

Im letzten Jahrzehnt seines Lebens gab es auch Kri­tik an Schweitzer. Aus Regierungskreisen in den USA wurde er wegen seines Widerstands gegen die Atombombenversuche zur unerwünschten Person erklärt und zum Teil regelrecht diffamiert. Aus Krei­sen der jungen, modernen afrikanischen Intellektu­ellen stand auch Schweitzer für den abzulehnenden Kolonialismus. Es gibt Äußerungen Schweitzers, wonach er die afrikanische Bevölkerung als „jün­geren Bruder“, dem noch viel beigebracht werden müsse, sah. Nach den Gräueltaten des Ersten Welt­kriegs zweifelte er jedoch daran und fragte, mit welchem Recht „wir“ (weiße Europäer) Afrikanern noch etwas zu sagen hätten.

Stephan Glaser

 

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